Die Hilflosigkeit der AfD im Umgang mit der sog. „Corona-Pandemie“, das Herumirrlichtern bei der Findung einer klaren und vor allem homogenen, medial wahrnehmbaren Position zu den wichtigen politischen wie gesellschaftlichen Themen „Freiheitseinschränkungen“ und „Impfzwang“ hatten die AfD bereits im vergangenen Jahr bei den Bundestagswahlen einen deutlichen Dämpfer versetzt: Mit einem klaren Minus sowohl bei den Erststimmen (nur noch 10,1% nach 11,4% in 2017) als auch bei den Zweitstimmen (10,3% nach 12,6% in 2017) begann bereits im vergangenen Jahr erkennbar der sich immer weiter dynamisierende Abwärtstrend der Partei.
Den selbsternannten „Deutschland-Rettern“ sind schlichtweg die Themen abhanden gekommen, die dem deutschen Volk wichtig sind und mit denen sie sich glaubwürdig und deutlich von den Altparteien abgrenzen. Oder besser gesagt: Die deutlich auf dem Tisch liegenden Themen wie die bereits genannte „Corona-Pandemie“ mit den unsäglichen Freiheitsbeschneidungen, die dramatischen sozialen Verwerfungen in der deutschen Gesellschaft (Wohnungsmarkt, Mietpreisexplosion, Verarmung breiter Bevölkerungsschichten), Fehlentwicklungen in der deutschen Wirtschaft (Mittelstandsabbau, Belastungen der Leistungsträger im Steuersystem, Reform Sozialsysteme, Inflationsentwicklung, Staatsverschuldung, EU-/Euro-Thema mit Schuldenvergemeinschaftung) und aktuell die „Ukraine-Krise“ konnten nicht entschlossen aufgegriffen und vor allem mit klaren eigenen politischen Lösungskonzepten – eben mit Alternativen – versehen werden. Man muss zudem konstatieren, dass es offensichtlich an politischer und fachlicher Kompetenz in weiten Teilen der AfD erkennbar fehlt und die Partei keine zu den relevanten Themen passende, authentische und beim Wähler erkennbare „Persönlichkeiten“ ins Bewusstsein bringen konnte. Denn gewählt wird vom Wähler neben einer reinen „Idee“ sowie dem passenden „Image“ vor allem das dazu auch passende „Personal“ – und da hat die AfD ersichtlich wenig zu bieten.
Im Gegenteil: Der Rückblick und eine Bewertung der politischen Arbeit sowie der erzielten „Erfolge“ lässt in den bei den kommenden Landtagswahlen im Fokus stehenden Landtagsfraktionen beim Wähler das kalte Schaudern aufkommen: Die vergangenen fünf Jahre waren wohl an der Saar wie auch in Schleswig-Holstein und vor allem NRW fünf verschenkte Jahre für Deutschland. Die in den jeweiligen Fraktionen vertretenen „Mandatsträger“ konnten die Hoffnungen und Erwartungen der Wähler nicht im Ansatz erfüllen. Vielmehr hat sich die Situation in den jeweiligen Bundesländern – insbesondere Schleswig-Holstein und NRW – sogar mit einer AfD im Landtag deutlich verschlechtert! Eine „Deutschland-Rettung“ sieht wohl anders aus.
In 2022 setzt sich nunmehr der klare Abwärtstrend weiter fort: Die aktuellen Umfragen von FORSA (22.03.2022) und Kantar (19.03.2022) sehen die Partei bundesweit nur noch bei lächerlichen 9% – in den jeweiligen zur Wahl stehenden Bundesländern schmiert die AfD sogar auf nur noch einheitlich 6% ab. Kein Wunder, in einer Demokratie werden Hoffnungsträger und positive Erwartungen belohnt (gewählt), Nichtstun und Versagen bzw. eine von der AfD offen zur Schau getragene „Eigenversorgung“ problematischer „Persönlichkeiten“ wird vom Wähler früher oder später abgestraft.
Einen entscheidenden negativen Impuls konnte hierbei in 2022 sicherlich der mittlerweile endlich ausgetretene, Ex-Bundessprecher Jörg („Spenden“-) Meuthen setzen, der sich für den Verfassungsschutz (VS) zum „Kronzeugen der Anklage“ medial aufstilisierte. Prompt wurde die AfD nach dem Kölner Verwaltungsgerichtsurteil bundesweit als „Verdachtsfall“ eingestuft – im Wesentlichen allerdings aufgrund der Pöbel- und Proleten-Truppe der sog. „Junge Alternative“ (JA), weniger aufgrund des vorher jahrelang als rechtsradikal bzw. rechtsextremistisch verunglimpften „Flügels“. Und gerade im Westen wird diese „Einstufung“ bei den Mitgliedern (Austritt) sowie den Wählern negative Folgen haben. Denn potentielle Demokratie- bzw. Verfassungsfeinde werden schlichtweg nicht gewählt.
Schlimmer noch als die VS-Einstufung ist allerdings die hörbare „Kackophonie“ der AfD im „Ukraine-Konflikt“. Da wettern die zahlreichen „Russland-Freunde“ und „Putin-Versteher“ lautstark in der Partei auf USA und NATO, die letztlich die Schuld an der militärischen Intervention Russlands und der harten Reaktion Putins hätten. Und dagegen kommen die „Transatlantiker“ – meist ehemalige Berufssoldaten – aus den Büschen und verurteilen Putin gleichzeitig als „Kriegsverbrecher“ und stimmen in das Lied der Altparteien mit ein. Beispielhaft für das Chaos in der Partei: Der ehemalige Ex-Oberst und Ex-NRW-Landessprecher Rüdiger Lucassen prescht mit einer „Sprachempfehlung“ im „Ukraine-Konflikt“ unabgestimmt mit der Bundestagsfraktion vor (https://abakusdotnews.wordpress.com/2022/03/05/afd-ukraine-krieg-schlagt-den-putin-verstehern-empfindlich-auf-die-umfragewerte-lucassen-prescht-mit-sprachempfehlung-vor/), diese schiebt dann ein eigenes „Positionspapier“ nach und der Landesvorstand NRW liefert eine weitere Zusatzerklärung per „Beschlussfassung“ (beides s.u.). Ja, was denn nun? Die wenigen noch verbliebenen Wahlkämpfer an den Wahlkampfständen werden sich über dieses Chaos sicher freuen. Und beim Wähler kam medial letztlich nur die Position der „Putin-Versteher“ an. Die AfD verteidigt demnach den von den Staatsmedien aufbereiteten Aggressor und „Kriegstreiber“? Na, dann viel Spaß im Wahlkampf! Der Wähler wählt den Weg zum Frieden – bzw. den, den er dafür hält!
Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, wie dramatisch die Lage im Saarland (Wahl am 27.03.), Schleswig-Holstein (Wahl am 08.05.) und NRW (Wahl am 15.05.) eigentlich ist. Denn setzt man die 9% als aktuell prognostiziertes Bundesergebnis als gegeben voraus und nimmt man weiterhin an, dass ein Landesergebnis im jeweiligen Landesverband hinsichtlich des Wählerzuspruchs für die Partei deutlich unter einem Bundesergebnis liegt (bei den Zweitstimmen lag NRW zur Landtagswahl 2017 bei 7,4%, bei der Bundestagswahl bei 9,4%), so stellt man fest, dass die drei Westverbände bereits haarscharf an der 5%-Marke schrammen. Unterstellt man zudem für die starken Ostverbände (1/4-Anteil der Wähler) im Durchschnitt 20% Zuspruch (der Wert könnte auch noch höher sein) und setzt dies in Relation zu den Westverbänden (3/4-Anteil der Wähler), würde der Anteil aller Westverbände zum 9%-Gesamtergebnis gerade noch 5,33% betragen. Da aber insbesondere Schleswig-Holstein und NRW – wie auch Bremen oder Hamburg – im Gegensatz zu Baden-Württemberg oder Bayern traditionell ausgesprochen schwache Verbände sind, die bislang ein immer deutlich unterdurchschnittliches Wahlergebnis zum Gesamtergebnis der Partei beitragen konnten, so ist davon auszugehen, dass bereits jetzt der tatsächliche Wählerzuspruch in diesen beiden Landtagswahlen bei nur noch ca. 4% liegen könnte. Und damit würde die AfD in beiden Landesparlamenten aus den Landtagen in Kiel und Düsseldorf fliegen.
Die am kommenden Sonntag stattfinden Landtagswahlen im Saarland sind demnach ein wichtiger Fingerzeig, in welche Richtung die AfD kurzfristig abdriftet. Aufgrund eines zuletzt sehr starken Ergebnisses bei der Bundestagswahl an der Saar (mit 10,0% bester westdeutscher Landesverband) könnte der Wiedereinzug ggf. noch knapp gelingen, obwohl der Verband derzeit nur mit einem „Notvorstand“ besetzt ist, es wieder einmal zu irregulären „Reservelisten“ gekommen ist und auch das Kandidaten-Angebot mehr als dürftig zu sein scheint.
Das Hauptaugenmerk sollte im kommenden Mai auf den beiden Wahlen in Schleswig-Holstein und vor allem NRW liegen: Denn dort ist der Wiedereinzug der AfD in den Landtag massiv gefährdet. Und den Wählern sei ausdrücklich angeraten, bei diesen beiden Wahlen die Zweitstimme nicht an eine AfD zu verschenken, die dann ggf. nicht mehr parlamentarisch vertreten ist. Dann hätte man automatisch die stärkste Partei gewählt – in Schleswig-Holstein wohl die CDU, in NRW möglicherweise die SPD. Will man das als „Protestwähler“ wirklich?
