Das peinliche AfD-Debakel nach der NRW-Landtagswahl am 15.05.2022 mit einem lächerlichen Zweitstimmen-Ergebnis von 5,4% hatten viele in der Partei noch gar nicht richtig verdaut bzw. erst recht noch nicht fundiert analysiert, schon sprangen die ersten Politik-Versager aus den Westverbänden aus dem Busch und griffen Tino Chrupalla, den aktuell einzigen Bundessprecher der AfD, gezielt in einer konzertierten medialen Aktion öffentlich als den „Allein-Schuldigen“ für die Misere an. Und ja, die letzten Landtagswahlen gingen für die AfD tatsächlich alles andere als positiv aus – bei allen vergangenen Landtagswahlen büsste die AfD teilweise erheblich ein. In Schleswig-Holstein fiel man verdientermassen aus dem Parlament – in NRW konnte man sich unverdientermassen gerade noch knapp über die 5%-Hürde schleppen.
Leider verkennen die sich lautstark beklagenden Politik-Darsteller wie die Feng-Shui-Beraterin Joana Cotar (die sich viel lieber als „Digitalpolitikerin“ bezeichnet) aus Hessen, Jürgen Braun (mittelmässiger Kommunikationsexperte) aus Baden-Württemberg, Alexander Wolf (Pseudo-Jurist und Liederbuch-Nazi) aus Hamburg oder Frank-Christian Hansel (Philosoph und „Unternehmensberater“ mit Verdacht auf finanzielle Unregelmässigkeiten im Berliner Fraktionsumfeld) aus Berlin allerdings, dass insbesondere der erst vor Kurzem ausgetretene Ex-Bundessprecher Jörg („Spenden“-) Meuthen bis auf Schleswig-Holstein und aktuell NRW der Hauptschuldige des Niedergangs der Partei ist. Als geflissentlicher „Feindzeuge“ hatte Meuthen bevorzugt vor den vergangenen Wahlen permanent versucht, eine bürgerliche Schein-Fassade in der AfD aufzubauen, säte gezielt Zwietracht und konnte sich mehrfach nicht zurückhalten, die erfolgreichen Ostverbände und deren aktive und erfolgreiche Politiker lautstark öffentlich zu beschimpfen, um im Ergebnis der Partei massiv zu schaden. Phänomene, die auch in der Endphase von Lucke und Petry Verwendung fanden – immer mit dem Hinweis auf den „Rechtsruck“. Nach seinem Austritt setzten sich seine öffentlichen Beschädigungen munter fort. Und das will man jetzt ernsthaft Chrupalla anlasten?
Tino Chrupalla, der Malermeister aus Sachsen, mag ohne Frage seine Defizite besitzen und sicherlich hat auch Chrupalla nicht alles in seiner Amtszeit richtig gemacht. Man kann auch darüber diskutieren, ob er der geeignete „Frontman“ der AfD ist und ausreichend Führungserfahrung besitzt. Ihn allerdings für die Nicht-Leistungen der politischen West-Amateure aus Schleswig-Holstein oder gar für das Vollversagen der NRW-„Beutegemeinschaft“ verantwortlich zu machen, geht vollständig am Thema vorbei. Aber es stehen im Juni (ab 17.06. in Riesa) Wahlen für den AfD-Bundesvorstand an – und da muss man jetzt natürlich nach dem Verlust der „bürgerlichen Leitfigur“ Meuthen lauthals den amtierenden Bundessprecher öffentlich beschädigen. Eine Dummheit sondersgleichen! Während man gleichzeitig über „Gemeinsamkeiten“, „Integrierendes“ und „Zusammenhalt“ schwadroniert. Sogar von der „Rettung der Partei“ bzw. des „Projektes AfD“ ist in der Systempresse die Rede. Extra wurde sogar am Montag eine Pressekonferenz einberaumt – ein hochgradig parteischädigendes Verhalten, das eigentlich einen Parteiausschluss rechtfertigen würde. Zudem ein mehr als durchschaubarer Versuch, die eigene Verantwortung, die eigene Inkompetenz und das eigene Versagen abzuwälzen – denn im Bundesvorstand besitzen bekanntermassen noch immer die ehemaligen Anhänger von Meuthen wie etwa Cotar oder Wolf die Stimmenmehrheit gegen Chrupalla. Wer hat also tatsächlich die Dauerkatastrophen und Wahlschlappen zu verantworten?
Die unmittelbar vor den Bundesvorstandswahlen in Riesa aufkommende hektische Betriebsamkeit der „Weichgespülten“, angeblich „Bürgerlichen“, erscheint allen Kennern der Parteihistorie wie ein Deja Vue: Bereits 2015 organisierte Bernd Lucke für den Bundesparteitag in Essen mit seinem extra gegründeten Verein, dem „Weckruf“, eine angebliche „Rettungsaktion“ der AfD. Diese scheiterte krachend, so dass der Parteimitgründer mit zahlreichen Mitstreitern konsequenterweise die Partei verliess. Ebenso versagte die Mehrheit der Partei seiner Nachfolgerin Frauke Petry 2017 die Gefolgschaft bei ihrem „Zukunftsantrag“ beim Bundesparteitag in Köln- auch Petry trat daraufhin mit ihrem Prinzgemahl Marcus Pretzell aus der Partei aus, hinterliess allerdings zahlreiche ihrer subversiven Unterstützer mit Mandaten in der Partei. Diese politischen „Restposten“ – allen voran Jörg („Spenden“-) Meuthen – setzten das Petry-Machwerk nahezu unverändert fort. Mit der Ausnahme, dass Meuthen sich clever des „Flügels“ bediente und erst nach seiner erneuten Wiederwahl 2019 seine Karten offen auf den Tisch legte und sein wahres System-Gesicht zeigte. Nach dem längst überfälligen Exit des „Fachhochschulprofessors“ Ende 2021 versuchen nunmehr die „weichgespülten“ Rest-Bürgerlichen aus dem Westen ein drittes Mal, die AfD zur (im bundesdeutschen Parteiensystem überflüssigen) Systempartei umzuwandeln und vermeintlich zu „retten“. Sind alle „guten Dinge“ wirklich drei? Und wird der Zerstörungsschlag diesmal funktionieren?
Die Partei könnte in Riesa nach nunmehr neun Jahren interner Kämpfe, gezielten Zersetzungen, persönlichen Diskreditierungen und Diffamierungen sowie öffentlich ausgetragenen Streitigkeiten auf das von vielen sehnlich erwartete „Endgame“ zu? Wird es beim dritten Anlauf den sog. „Bürgerlichen“ gelingen, sich entscheidend durchzusetzen oder übernehmen die erfolgreichen Ost-Vertreter mit ihrem fundamentaloppositionellen Kurs die AfD? Strippenzieherin bei allen drei Anläufen der sog. „Bürgerlichen“ in Sachen „Parteirettung“ war und ist übrigens Beatrix von Storch. Sie ist erstaunlicherweise die einzige, die sich seit Jahren – wenn auch zuletzt nur hauchdünn – im Bundesvorstand halten konnte. Und das, obwohl sie dem Berliner Landesverband seit Jahren organisatorisch wie auch politisch massiv geschadet hat und die Partei letztlich als „Business-Modell“ für die vielen „Vereinsaktivitäten“ gemeinsam mit ihrem Ehemann zu begreifen scheint. Und innerhalb des Bundesvorstands nichts bis wenig Konstruktives beitragen kann. Wie auch, wenn sie als „Rechtsanwältin“ an vorderster Front in Sachen „Satzungsverstössen“ steht (aktuell läuft mal wieder ein Verfahren bezüglich der offenbar rechtswidrig „gewählten“ Berliner Bundesdelegierten)?
In Riesa kann, nein muss, endlich eine entscheidende Weichenstellung für die AfD erfolgen. Entweder wird sie eine weitere „bürgerliche Systempartei“, die sich mit den anderen Akteuren um die immer weiter abschmelzende Zahl der überhaupt noch an Wahlen Teilnehmenden bemüht. Dann wird sie bundesweit auf das „Westniveau“ von um die 5% fallen – Machtoption? Keine! Eine reine Versorgungseinrichtung aus Steuergeldern für wenige. Die vor neun Jahren formulierten Ambitionen einer „Deutschland-Retter“-Partei wären ein für allemal passé. Das Resultat deutet sich bereits in den aktuellen Umfragezahlen an.
Oder aber sie wird zu einer ostdeutsch geprägten Partei der Fundamentalopposition, zu einer klaren Protestpartei, einer echten und überzeugenden „Alternative“, die sich deutlich und glaubwürdig vom System-Parteienbrei unterscheidet und sich insbesondere um das grosse Reservoir der „Nichtwähler“ kümmert und diese gezielt mit relevanten Themen adressiert. Dann darf sie aber nicht nur mit tumben „Nazi-Parolen“ und dem Pöbel- und Proleten-Pack der sog. „Jungen Alternative“ (JA) auftreten, sondern muss in erster Linie Fachkompetenz liefern – ein Umstand, der in der AfD in den letzten Jahren leider immer mehr auf der Strecke geblieben ist. Wo sind denn überhaupt noch fachlich kompetente Vertreter einzelner Politikfelder?
Erfahrungsgemäß wird die AfD aber auch in Riesa wieder keine entscheidenden und vor allem mutigen Weichenstellungen vornehmen – und damit ihren siechenden Niedergang fortsetzen. Selbst Chrupalla führte auf der Pressekonferenz nach dem NRW-Debakel aus, dass er ein „Team“ vorstellen wolle, das „die gesamte Breite der Partei“ abbilden soll. Während die sog. „Bürgerlichen“ also ein drittes Mal auf knallharten Konfrontationskurs gehen, bildet sich Chrupalla tatsächlich ein, alle „Strömungen“ erfolgreich mit seinem „Team“ integrieren zu können? Damit wären die nächsten innerparteilichen Konflikte bereits vorprogrammiert. Eine Dauerschleife, die per Saldo Substanz und letztlich Wahlergebnisse kosten wird.
Faktisch auflösen könnte dieses Dilemma personell nur einer: Björn Höcke. Der hat zwar öffentlich nur verkündet, sich eine Kandidatur überlegen zu wollen (eine positive Nachricht, die den Landesverband NRW entgegen den Erwartungen letztlich vor dem Landtags-Aus gerettet hat), es muss allerdings stark bezweifelt werden, ob der Thüringer tatsächlich die Courage besitzt, sich einer Bundesvorstandswahl zu stellen. Denn nichts wäre den sog. „Bürgerlichen“ lieber, als die Führungsfigur des ehemaligen „Flügels“ öffentlich mit einer deutlichen Wahlniederlage nachhaltig zu beschädigen, um den „Mythos Höcke“ endgültig innerparteilich zu brechen. Wäre die Parteibasis wahlberechtigt, würde Höcke sicherlich einen fulminanten Sieg einfahren können. Da aber die überwiegend eingekauften West-Delegierten in Riesa die Stimmenmehrheit stellen werden, könnte es für Höcke im Kandidaturfall eng werden. Das war auch dem ehemaligen NRW-Landessprecher Rüdiger Lucassen bewusst, der Höcke pseudo-kollegial im „Morgenmagazin“ zu einer Kandidatur „ermutigte“. Ein vergiftetes Angebot.
Die AfD steht also wieder einmal vor dem Scheideweg: Entweder brave, westdeutsch orientierte Systempartei (Ziel: 5%-Partei bundesweit) oder wütende Fundamentalopposition mit einer mittelfristigen Machtoption (Ziel: 30%+X, zunächst im Osten, bei Zunahme der dramatischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Missstände mit Verzögerung auch im Westen). Es ist zu befürchten, dass sie wieder keines von beidem wird – und sich damit der Niedergang der Partei in Niedersachsen (Herbst 2022) sowie Bremen, Bayern und Hessen (2023) fortsetzen wird. Ob mit oder ohne Chrupalla.
Jetzt mal im Ernst, Ihr sog. „Bürgerlichen“: Habt Ihr Euch mal Eure Mitgliedschaft genauer angesehen? Und habt Ihr vor allem mal darauf geachtet, wer Euch überhaupt noch als AfD wählt? Neben den klassischen Rechtsradikalen und Rechtsextremisten sowie intellektuellem Prekariat verbleiben nur noch die „Arbeiter“. Angestellte, Selbständige oder Rentner (die größte Wählergruppe)? Fehlanzeige – und das bei einer ehemaligen „Professoren-Partei“! Was daran soll denn eigentlich noch „bürgerlich“ sein? Ihr hastet einem Missverständnis hinterher, die Realität in Partei und Wählerschaft sieht schon längst ganz anders aus.
Mit einem Verständnis ist bei den „weichgespülten“ sog. Bürgerlichen aber nicht zu rechnen. Ob (finanziell) extern gesteuert, ob „Auftrag“ durch die „Dienste“ oder nicht: Die faschistoid agierenden sog. „Bürgerlichen“ gehen den Weg bis zur Selbstzerstörung unbeirrt weiter. Und somit könnte sich die bittere Wahrheit in Riesa deutlich zeigen: Das „Projekt AfD“ ist bereits längst gescheitert.



