Jetzt haben gerade noch etwas mehr als 60% der Wahlberechtigten bei der Landtagswahl in Niedersachsen ihre Stimme abgegeben und die etablierten Parteien interpretieren jeweils ihre Ergebnisse schön. Besonders schwer fällt dies den Wahlverlierern CDU, FDP und den wohl im Westen endgültig in der Versenkung verschwundenen Linken.
Während die CDU zumindest die deutliche Klatsche einräumt und von „falschen Themen“ im Wahlkampf fabuliert, äußert sich Christian Lindner zu dem Debakel seiner FDP dergestalt, dass die Wähler die Partei wohl „mittlerweile als links“ im Rahmen der Bundesregierung ansehen würden und demnach andere Parteien wählen würden. Die „Ampel des Grauens“ könnte sich für die FDP in der Tat perspektivisch zu einer Existenzkrise ausweiten. Von den Linken hört man überhaupt nichts mehr.
SPD und Grüne fühlen sich dagegen in ihrem Deindustrialisierungs- und Deutschlandabschaffer-Kurs bestätigt – wer will es ihnen auch krumm nehmen, haben sich doch die wenigen wählenden Niedersachsen tatsächlich für die Weiterführung des Niedergangs der Wirtschaft, künftig drohende Arbeitslosigkeit sowie weitere Verarmung und Wohlstandsverluste unter „Führung“ von links-rot-grün entschieden. Einfach nur noch zum Kopfschütteln. Obwohl die Gewinne der Grünen arithmetisch die Verluste von SPD und vor allem FDP in Niedersachsen nicht ausgleichen konnten – die wenigen Wähler sprachen sich mehrheitlich für einen weiteren Niedergang unter Links-Rot-Grün aus.
Mit großen Ambitionen sind die klassischen „Krisengewinnler“ von der AfD zur Wahl in Niedersachsen angetreten. Der zerstrittene, apolitische und völlig sedierte Landesverband stand Monate vor der Wahl noch nahe 5% und damit auf der „Kippe“ – selbst viele Mitglieder zweifelten daran, dass die – irregulär und undemokratisch zustande gekommene – Landesliste überhaupt eine realistische Chance bei der Landtagswahl haben könnte. Schleswig-Holstein hätte somit grüßen können.
Aber entgegen den Erwartungen konnte sich die AfD mit 10,9% der Zweitstimmen bei der Landtagswahl sogar in den zweistelligen Prozentbereich vorarbeiten (etwas vorschnell und unprofessionell feierte Alice Weidel bereits nach den ersten Prognosen ein vermeintliches 12%-Ergebnis). Der Bundessprecher Tino Chrupalla, der nach den Wahlniederlagen der vergangenen Landtagswahlen mit katastrophalen AfD-Ergebnissen erkennbar unter Druck stand, feierte sichtlich befreit und geradezu euphorisch dieses unerwartet hohe Ergebnis und verortete die AfD sogleich wieder vorschnell als „Volkspartei“. Euphorisch äußerte Chrupalla auch die Erwartung, dass die Wähler der CDU und FDP als „Stammwählerschaft“ gewonnen werden soll. Naja, das ist wohl eine etwas mutige Aussage. Denn das Wahlergebnis und der Bereich über 5% ist unbestreitbar das „Protestpotential“ – denn wie sollte der Wähler realistisch eine „Nicht-Politik“ der AfD in Niedersachsen mit einer zerlegten Fraktion thematisch honorieren wollen? Wie bei der AfD allerdings üblich, wird wohl auch künftig eine detaillierte Wahlanalyse leider nicht vorgenommen werden – man ist zunächst froh, wieder zahlreiche Leistungslose im Parlament untergebracht zu haben. Ob bzw. was diese niedersächsischen „Deutschlandretter“ dann im Landtag so alles „bewegen“ werden? Völlig uninteressant! Der Moment des Erfolges zählt! Und vor allem das einzukassierende Steuergeld. Wie nachhaltig dieser Erfolg für Deutschland ist? Wen kümmert‘s?
Auch in Niedersachsen haben es die Wähler – vergleichbar mit dem „Versager-Landesverband“ NRW mit den seit 2017 noch immer nicht abschließend ausermittelten finanziellen Unregelmäßigkeiten – mit überaus kritischen Personen bzw. potentiellen Straftätern zu tun. Wie der Presse zu entnehmen war, konnte man sich auf einen lukrativen Landeslistenplatz „einkaufen“ (was zählt eigentlich Leistung oder Kompetenz?), Strippenzieher soll der klobige Landes-Vize Ansgar Schledde sein (selbst auf dem sicheren zweiten Listenplatz positioniert). Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt nach einem ZDF-Bericht sowie Aussagen des Ex-Parlamentariers Christopher Emden gegen den illustren und äußerst dubiosen „Bau- und Immobilienunternehmer“.
Und auch die „politische Arbeit“, die der „Spitzenkandidat“ und ”doppelter Facharzt“ Stefan Marzischewski-Drewes arrogant und völlig realitätsfremd öffentlich mit dem Verweis auf seine „Arbeit“ im Stadtrat von Gifhorn zur Schau stellt, findet faktisch in Niedersachsen gar nicht statt. Im Gegenteil: Die Partei wird von einem Landesvorstandssprecher „geführt“, der offenbar seit Jahren ohne Führerschein durch das (Bundes)land reist, die restliche Leitungstruppe wurde auf einem mehr als skandalösen und chaotischen Landesparteitag in die jeweiligen Ämter gehievt. Auf demokratische Spielregeln – wie etwa die obligatorische Kandidatenbefragung – wurde gleich vollständig verzichtet. Die Antworten hätten einige Delegierte und vor allem auch die Bürger nur unnötig verunsichern können. Die Landesliste wurde nämlich durch handverlesene „Delegierte“ gewählt, obwohl nicht alle Kreisverbände auch entsprechende Vertreter bei der Wahlversammlung stellen konnten. Schiebereien, Manipulationen und Mauscheleien wohin man schaut. Aus NRW übrigens bestens bekannt. Und das soll tatsächlich die „Rettung“ Deutschlands sein? Das muss wohl stark bezweifelt werden. Wollen die Bürger wirklich noch schlechtere Politik-Abziehbilder der AfD mit potentiellem Hang zu kriminellen Neigungen im niedersächsischen Landtag?
Wie auch in NRW kehren nämlich immer mehr Mitglieder der AfD in Niedersachsen den Rücken zu: Die letzte offizielle Mitgliederzahl (2.758) stammt noch aus dem Oktober 2017 (!), es sollen aktuell keine 1.500 mehr sein (in NRW brach die Mitgliederzahl z.B. sogar von in der Spitze ca. 5.300 auf nur noch etwa 3.200 aktuell ein!; die Bundespartei fiel bereits trotz politisch starker und aktiver Ostverbände weit unter die 30.000-Marke). Was signalisiert das eigentlich? Einen „Erfolg“ der AfD? Eine Faszination des AfD-Politik-Angebotes? Bürger, die als Mitglieder die AfD näher kennenlernen, werden im Gegenteil mit zahlreichen dubiosen und undemokratischen Vorgängen konfrontiert. Und werden vom gegenseitigen Umgang miteinander – teilweise mit Androhung körperlicher Gewalt – oft abgeschreckt. Wie sonst wären die massiven Austritte erklärbar? Während der Bürger, der die AfD noch nicht genauer kennt, noch von „alternativer Politik“ träumt und sich von diversen AfD-Märchen täuschen läßt, wenden sich diejenigen, die einen tieferen Einblick in die Partei gewinnen, oft angeekelt ab. Nur eine Frage der Zeit, wann das wahre Gesicht der AfD auch beim Wähler ankommt und durchdringt.
Was aber sind jetzt aus Sicht (national-)konservativer Wähler die wesentlichen Erkenntnisse aus der niedersächsischen Landtagswahl?
1.) Außer bei der AfD gab es – teilweise massive – Verluste bei der absoluten Wählerunterstützung (SPD: -287.000 Wähler / -18%, Grüne: -200.000 Wähler / -27%, FDP: -300.000 Wähler / -64%, CDU: -70.000 Wähler / -6%) – die Bürger wenden sich weiterhin von der „Parteien-Demokratie“ ab
2.) Ein „Hauptinteresse“ der AfD – die (zusätzliche) Mobilisierung von Wählern aus dem „Nichtwählerlager“ bzw. eine zusätzliche Ansprache / Aktivierung der sich aus dem Wahlsystem bereits verabschiedeten Bürgern konnte nicht bzw. nur marginal gelingen (siehe Wählerwanderungen)
3.) Entgegen der öffentlichen Aussagen der Parteivertreter, die AfD habe nicht von „Protestwählern“ profitiert sondern habe die „richtigen“ Themen bzw. „Positionen“ angesprochen, zeigen die Wählerwanderungen (siehe Abbildung unten) deutlich, dass Teile der Altparteien-Wähler die AfD lediglich als „Denkzettel“ gegen die aktuelle Regierungspolitik (bzw. ihre ehemaligen Parteien) nutzten; daraus ableiten zu wollen, man habe ein neues Wählerklientel erschlossen oder könne diese Wähler künftig zu „Stammwählern“ machen, entbehrt mehrheitlich jeder Grundlage
4.) Wut- und Protestwähler kümmert es offenbar zunehmend nicht, eine nachweislich völlig politikunfähig, rechtsextremistische Partei mit überaus bedenklichen, teilweise sogar ggf. kriminellen Kandidaten zu wählen; das ist für das aktuelle Demokratie- und Parteiensystem in Deutschland eine überaus bedenkliche Entwicklung
5.) Die Landtagswahl in Niedersachsen hat mehr als deutlich gezeigt, dass es für das (noch) breite liberal-konservativ-bürgerliche Wählerlager kein seriöses Parteienangebot in Deutschland gibt: Die CDU und FDP haben sich von ihren Markenkernen signifikant entfernt, die AfD kann davon lediglich das mobile Protest-Potential temporär und krisenabhängig aufnehmen – die meisten enttäuschten Wähler melden sich von den Wahlen ab
Ein seriöses politisches Angebot im liberal-(national-)konservativ-liberalem Umfeld, das nicht nur eine enge nationale Perspektive besitzt, mit fachkompetenten, authentischen und empathischen, bürgerorientierten Vertretern hätte in Deutschland in der aktuellen Krise ein realistisches Wählerpotential von bundesweit über 20% – ein solches Angebot zusätzlich zu einer AfD am extrem rechten Rand hätte gegen die Front der „Einheitsparteien“ von SPD, CDU, Grüne und FDP eine sehr gute Chance.


